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Der Tag mit dem Stanley Cup ist zunächst einmal für den Champion selbst gedacht. Es ist aber auch ein ganz besonderes Erlebnis für Familie, Freunde und viele mehr. So auch im Fall von Nico Sturm, der den Heiligen Gral am Donnerstag zurück nach Augsburg brachte. NHL.com/de sprach am Cup Day mit seinen engsten Verwandten über gute Gene, gebrachte Opfer und einen filmreifen Weg in die NHL bis hin zum zweifachen Titelgewinn.

Sprössling einer sportlichen Familie

Nico Sturm genießt in der NHL den Ruf des harten Arbeiters. Trainer schätzen ihn auf dem Eis für seine starken Faceoffs und sein Unterzahlspiel. Neben dem Eis reißt er die Kabine mit seinem Trainingseifer mit und ist genau der Charakter, den General Manager in ihrem Team haben wollen. So war Sturm in den letzten Jahren einerseits ein wichtiges Vorbild für die vielen jungen Spieler beim Rebuild der San Jose Sharks, andererseits das fehlende Puzzlestück als Rollenspieler bei der Colorado Avalanche (2022) und den Florida Panthers (2025), mit denen der 30-jährige Augsburger jeweils den Stanley Cup gewann.

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Doch woher kommt diese Lust auf so viel harte Arbeit? Hier lohnt sich der Blick in die Familie: Seine Eltern Gaby und Klaus Sturm spielten beide Fußball. Seine Brüder Dennis und Timo Sturm entschieden sich wie Nico fürs Eishockey. Dennis (32) spielt noch heute bei den Wanderers Germering, Timo (27) trainiert die U11 des Augsburger EV.

„Alle in der Familie sind sehr sportlich“, erzählt Mutter Gaby Sturm. „Ich war Lehrerin für Religion und Sport, habe viel Leichtathletik gemacht und Fußball in der bayerischen Auswahl gespielt. Ich habe nie eine Ausrede gebraucht, um nicht zum Training zu gehen. Diese Disziplin und das Festhalten, auch wenn es mal schwierig wird, hat er vielleicht ein Stück weit von mir.“

Zu klein? Sturm gibt nicht auf

In der Tat würde diese Aussage auch eins zu eins auf Sohn Nico passen, der als Jugendlicher großen Wert auf diese Attribute legte. „Er war schon immer der Mutige, hatte nie Angst. Wir haben letztens alte Schulsachen aussortiert, da haben wir seinen Lernplan für das Abitur gefunden. Er hatte sich genau aufgeschrieben, an welchem Tag er sich welche Seite vornimmt. Er war schon damals total strukturiert und diszipliniert.“

„Er hat schon immer viel gearbeitet“, bestätigt sein kleiner Bruder Timo Sturm. „Ich kann mich an eine Geschichte erinnern, als Nico zwei Auswärtsspiele in Krefeld hatte und 120 Minuten auf der Bank saß. Er hat keine Sekunde gespielt. Andere hätten gesagt, mir reicht es, ich höre auf. Er aber hat weitergearbeitet. Gekämpft hat er schon immer. Er war lange recht klein. Ein BEV-Kadertrainer hat ihn mal aus der Bayern-Auswahl gestrichen, weil er zu klein war. Er hat sich aber nicht unterkriegen lassen, schon mit 14 oder 15 Jahren.“

Ein harter Arbeiter - sogar im Haushalt

Fehlendes Gardemaß würde heute wohl kein Trainer mehr beim 1,91 Meter großen Center bemängeln. Seinen Kampfgeist sowieso nicht. Diesen bekommt seine Verlobte Taylor Turnquist, die selbst Profi-Eishockey spielte, tagtäglich mit.

„Ich wünschte, jeder Fan, jeder Zuschauer, Manager, Trainer und Spieler könnte sehen, wie er sich an jedem einzelnen Tag vorbereitet. Er denkt an alles, was mit seinem Körper zu tun hat. Er schaut, was er isst, wie viele Stunden er schläft, wie viel Wasser er trinkt. Er versucht buchstäblich in jeder Minute des Tages ein besserer Eishockey-Spieler zu werden“, berichtet Turnquist. „Wenn wir eine Reise vorhaben, dann plant er sie so, dass er kein Training verpasst. Er würde nie eine Einheit auslassen. Es zeigt, warum er es so weit bringen und den Stanley Cup zweimal gewinnen konnte.“

Ein harter Arbeiter ist Nico Sturm übrigens nicht nur auf dem Eis oder im Kraftraum, sondern auch zu Hause, wie Turnquist verrät: „Ehrlichgesagt ist er eine 10 von 10“, sagt seine künftige Ehefrau lächelnd. „Ernsthaft! Es ist nicht so, als ob er nach dem Hockey nach Hause kommt und die Füße hochlegt. Im Gegenteil: Er ist so deutsch, so penibel. Er liebt es, zu kochen, er hilft mir mit allem, macht seine Wäsche und all diese Dinge. Ich kann mich wirklich nicht beschweren.“

Die perfekte Übereinstimmung

Turnquist und Sturm lernten sich vor neun Jahren an der Clarkson University kennen. Beide besuchten dieselben Vorlesungen und spielten mit ihren Teams in der College-Liga NCAA.

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„Clarkson ist eine kleine Uni. Männer und Frauen benutzen dieselbe Eisfläche, dieselben Umkleidekabinen und denselben Kraftraum, hatten auch dieselben Trainer. Wir haben die Männer-Mannschaft also jeden Tag gesehen, hatten dieselben Vorlesungen und waren auf denselben Partys“, erinnert sich Turnquist mit leuchtenden Augen. „Nico und ich wurden bei den ‚Beerolympics‘ zufällig ins selbe Team gesteckt. An diesem Wochenende haben wir uns richtig kennengelernt. Seitdem habe ich ihn jeden Tag auf dem Eis oder im Hörsaal gesehen. Wir waren gegenseitig bei unseren Spielen und haben uns zugesehen. Und hier sind wir - neun Jahre später.“

Hier, das ist der VIP-Raum im Curt-Frenzel-Stadion, wo die Cup Party von Sturm steigt. Es ist zufällig auch der Geburtstag von Turnquist.

„So viele Leute haben mich gefragt, was der beste Teil meines Geburtstags ist, und ich habe ihnen gesagt: der Stanley Cup“, erzählt Turnquist, die einen großen Teil am Erfolg ihres Verlobten hat. „Viele Leute schauen sich die Spielerfrauen in der NHL an und denken, dass das alles glamourös ist, viel Spaß macht und man viel Geld ausgeben kann. Keiner sieht, dass wir dabei auch viel aufgeben müssen, zum Beispiel Zeit mit Freunden oder der Familie. Ich habe meinen Job und meine eigene Hockey-Karriere aufgegeben, um bei Nico zu sein. Ich denke, dass es richtig war, denn Nicos Karriere ist in Schwung gekommen und ich wollte ihn nicht alleine lassen. Diese Opfer waren nicht leicht, aber ich habe sie gerne für ihn erbracht. Es hat sich alles ausgezahlt. Er ist so ein toller Mensch und sehr dankbar dafür. Heute den Stanley Cup zu sehen und wie er mit den Menschen, die er liebt, feiern kann, entschädigt für alles.“

Nico Sturm spricht über seinen Tag mit dem Stanley Cup

Ein einmaliges Souvenir

Diese Unterstützung spürte Nico Sturm auch während der erfolgreichen Stanley Cup Playoffs 2025: In der Ersten Runde gegen den Tampa Bay Lightning sowie in den ersten Spielen der Zweiten Runde gegen die Toronto Maple Leafs waren seine Eltern vor Ort. Im Stanley Cup Finale drückten seine beiden Brüder im Stadion die Daumen.

„Wir fiebern immer mit, stehen während der regulären Saison nachts auf, um die Spiele zu sehen, oftmals zu sehr unschönen Zeiten“, sagt Timo Sturm, der die Meisterschaft der Florida Panthers erst auf dem Eis und später in der Kabine mitfeiern durfte.

„Es war verrückt. Die ganze Kabine war nass und die Luft total schlecht, trotzdem war es unfassbar schön. Die Spieler haben auf den Tischen und Bänken getanzt. Es gab noch den Moment, als (General Manager) Bill Zito den letzten Puck in diese Tafel gesteckt hat, da stand ich direkt daneben. In so einem Moment live dabei zu sein, war richtig geil“, strahlt Timo über beide Ohren. „Als wir um 5 Uhr auf dem Heimweg waren, bin ich nochmal rein in die Arena zur Panthers-Bank. Da lag die Taktik-Tafel von (Trainer) Paul Maurice. Ich habe es mir nicht nehmen lassen, sie mitzunehmen. Mittlerweile steht sie bei mir zu Hause in einer Glasvitrine. Für mich als Trainer ist es eine tolle Erinnerung, ein absolutes Einzelstück. Einfach unglaublich.“

Eine stolze Familie

Unglaublich - das beschreibt die außergewöhnliche Karriere von Nico Sturm perfekt. Er wurde nie gedraftet, spielte nie in der DEL, bis 2022 nie in der deutschen Nationalmannschaft - und trotzdem zählt er neben Uwe Krupp und Tom Kühnhackl zu den einzigen drei Deutschen, die den Stanley Cup zweimal gewinnen konnten.

„Ein Superstar wie Leon Draisaitl war viel früher bereit, in der NHL zu spielen. Nico war in diesem Alter meilenweit davon entfernt. Aber er hat weitergearbeitet, ist einen anderen Weg gegangen, spielt jetzt in derselben Liga und hat zweimal den Stanley Cup geholt“, sagt Timo Sturm. In seiner Stimme schwingt viel Stolz mit.

„Keiner hat damit gerechnet, dass er so eine Karriere einschlagen würde“, meint Gaby Sturm. „Der Stanley Cup ist etwas ganz Spezielles. Was mir aber ganz besonders an Nico gefällt, ist das Innere, wie er als Mensch ist, was für einen Charakter er hat, wie er sich entwickelt hat. Das macht mich sehr stolz.“

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